Die Gewinner des 1. Berliner Hörspielfestivals 2008:
/// DAS LANGE BRENNENDE MIKRO
1. Platz: Mein Körper ist ein Schlachtfeld von Elodie Pascal
Um Zurichtungen des menschlichen (insbesondere des weiblichen) Körpers geht es in dem Stück, dem wir den ersten Preis zuerkannt haben. Es handelt von der Dissoziation von Geist und Körper. Der versehrte Körper zeigt in seinen Schnitten und Narben – wie das Bildnis des Dorian Gray – den Zustand derer, die ihn als Leinwand benutzen. Es sind Mädchen und junge Frauen, die im O-Ton von ihren Selbstverletzungen erzählen. Ohne sensationslüsternen Gestus, aber auch ohne unterschwellige Empörung oder Mitleidskitsch lässt die Autorin sie zu Wort kommen. Souverän werden die Mittel des Radiofeatures mit denen des Hörspiels vereinigt, wenn die Erzählerinden langen Weg vom Ich zum Wir beschreibt. Das dazwischengeschaltete “Du” ist der Körper, der als eigenständige fremde Entität erlebt wird, die man nur im Schmerz der Selbstverletzung spürt.
2. Platz: Helden : tot von Stefan Sprang
Mit großer suggestiver Kraft erzählt Andreas Fröhlich in der Rolle des Marcus Wennmann, von der Selbstzurichtung eines Marketingmenschen auf die Bedürfnisse des “Arschlochsystems” moderner Arbeitswelten. Denn die moderne Ökonomie braucht nicht mehr nur die Arbeitskraft von Armen, Beinen und Köpfen, sondern be- und vernutzt den “ganzen Menschen”, seine Kreativität, seine social skills, ja selbst seinen Widerstand.
3. Platz: Der König von Lankum von Sabine Stein
Mit großer Genauigkeit in Stil und Jargon erzählt das Stück die Geschichte eines Sportlers, der nach einem frühen Erfolg langsam vor die Hunde geht. In der Machart genau und in der Figurenzeichnung immer plausibel, ergibt sich aus den unterschiedlichen Perspektiven das Panorama eines Lebens – und eines des Lebens derer, die von ihm erzählen. Lakonisch und undramatisch erzählt hält man die Geschichte für authentisch, obwohl sie komplett erfunden ist. Ein (vielleicht manchmal zu?) perfektes Stück, das auf die in dem Genre der gefakten Features sonst übliche Medienkritik verzichtet.
Ein Sonderpreis geht an:
Ausgeräumt – oder Joachim Kroschinskis allmorgendliche Ödnis
von Sebastian Hocke in der Regie von Janne von Busse
Wenn es einen Preis für Regie und Sounddesign geben würde, dann gebührte der Janne von Busse für ihre Realisation des Audiofilms von Sebastian Hocke.
/// DAS KURZE BRENNENDE MIKRO
1. Platz: Stapel Weise von Amelie Soyka und Alexander Hardt
2. Platz: Ganz neue Männer von Tom Heithoff
3. Platz: Gutensohn – Urzeugungsphänomene als reaktive Belastungssymptomatik von Maike Mumm
142 Lang- und Kurzhörspiele aus Deutschland, Österreich und der Schweiz wurden eingereicht und davon 27 Stücke für das Programm ausgewählt – von kryptisch bis intellektuell; von propagandistisch bis experimentell; von klamaukhaft bis spannend.
Von Freitag, dem 15. August bis Sonntag, dem 17. August 2008 wurde jeden Abend von 18 bis ca. 23 Uhr die Auswahl der eingereichten Hörspiele präsentiert.
Wir haben uns über zwei Monate hinweg alle Stücke angehört und schließlich wußte jeder von uns, welches Stück er gerne für Publikum und Jury auswählen wollte – es waren jedoch deutlich zu viele; wir hätten gerne die doppelte Anzahl in den Wettbewerb genommen.